Kaum zu halten: Handballtorwart-Talent aus Bitburg verlässt die HeimatAdam Studentkowski gehört zu den größten Handballtorwart-Talenten im Land - Nun verlässt er seine Heimat
Foto: Axel Heimken (g_sport
(Bitburg) Er steht da, wo es weh tut - und zwar so richtig: Der Bitburger Adam Studentkowski ist eines der hoffnungsvollsten Handballtorwart-Talente in Deutschland. Warum er sich trotz zahlreicher gebrochener Finger immer wieder ins Tor stellt, und zu welchem großen Club er nun wechselt, hat er dem TV erzählt.

12.08.2016
Marek Fritzen

Bitburg. Der Schmerz ist bei Adam Studentkowski Pflicht. Anders geht das gar nicht bei ihm. Der 17-Jährige weiß, wie es sich anfühlt, wenn mal wieder ein Finger bricht - sechsmal hat er das schon erlebt. Er weiß auch, wie es sich anfühlt, nach Luft zu japsen, weil ihm mal wieder ein Ball mit über 100 Stundenkilometern gegen den Solarplexus gedonnert ist und das Atmen somit für kurze Zeit beinahe unmöglich wird. Und der junge Mann weiß auch, wie es ist, wenn auf einmal einfach die Lichter ausgehen - so wie damals, als ihn ein Ball mit voller Wucht am Kopf erwischte und er erstmal für ein paar Sekunden ohnmächtig auf dem Boden lag.

Adam Studentkowski könnte es schmerzfreier haben. Er könnte Schach spielen, Tennis spielen oder Joggen gehen - aber Adam Studentkowski ist Handballtorwart aus Leidenschaft, so wie sein großes Vorbild Niklas Landin aus Dänemark. Schmerz, so sagt der junge Mann, gehöre im Handballtor eben dazu. Oder in anderen Worten: "Wenn’s wehtut, habe ich den Ball gehalten", sagt der 17-Jährige und grinst über das ganze Gesicht. Studentkowski sitzt im Esszimmer seiner Eltern, in einem Haus im Bitburger Süden. Dieser Dienstag im August wird für lange Zeit einer der letzten Tage sein, die der 1,90-Meter-Mann (2,01 Meter Spannweite) in seiner Heimatstadt verbringt. Denn für den Schüler des Bitburger St. Willibrord-Gymnasiums steht ab Montag ein großes Abenteuer an, das vielleicht größte in seinem bisherigen Leben.

Seine Liebe zum Handball entdeckt Adam Studentkowski mit vier Jahren in der Jugend beim TV Bitburg. "Wenn man das damals schon als Liebe bezeichnen kann", erinnert sich der 17-Jährige mit einem Grinsen. Seine Mutter habe ihn mehr oder weniger zum Training hingeschoben. "Mir hat das dort gar nicht gefallen, ich habe nach dem ersten Training geheult wie ein Schlosshund." Doch seine Mutter beeindruckt das wenig. So steht Klein-Adam auch beim nächsten Mal wieder auf dem Parkett. "Da durfte ich dann ins Tor und auf einmal hatte ich Spaß, das mit dem Geheule war vorbei." Studentkowski bleibt dran - der Handball wird sein Sport und das Tor seine Position. Er durchläuft den Nachwuchsbereich des TV Bitburg, spielt Bezirksliga und trainiert gleichzeitig in den Herrenteams des TVB mit. Seine starken Leistungen katapultieren den Eifeler in die Rheinlandauswahl, später sogar in die Rheinland-Pfalz-Auswahl.

2014 geht Studentkowski den nächsten Schritt: Er wechselt zur JSG Bendorf/Vallendar an den Rhein, spielt dort fortan Oberliga - für seine Entwicklung ist das von enormer Bedeutung. "Wir hatten ein tolles Team und sind in der ersten Saison Vierter in der RPS-Oberliga geworden", erinnert sich der junge Torhüter. Mehrmals in der Woche bringen seine Eltern ihn während der zwei Bendorfer Jahre von Bitburg nach Prüm. Von dort aus nimmt ihn dann Rudi Engel, Verbandstrainer des Handballverbandes Rheinland, die gut 100 Kilometer mit zum Training nach Bendorf. "Rudi habe ich unglaublich viel zu verdanken, er ist mein Förderer", sagt Studentkowski.

Im Dezember 2015 reist das Bitburger Torwart-Talent mit der Rheinland-Pfalz-Auswahl nach Berlin zum Länderpokal. Dort treffen die Auswahlteams der Bundesländer aufeinander - doch es ist mehr als ein Turnier: Trainer und Scouts aus ganz Europa reisen an, um Talente für ihre Clubs zu sichten. Studentkowski spielt stark, sorgt mit zahlreichen Paraden für Aufsehen und beeindruckt so manchen Talentspäher - und das hat Folgen.

Wenige Wochen nach dem Turnier in Berlin flattern gleich mehrere Einladungen zu Probetrainings in Studentkowskis Bitburger Briefkasten. Eine davon kommt vom Nachwuchsteam des Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen aus Mannheim, den "Jung Löwen" der SG Kronau/Östringen. Dort in der Kurpfalz spielt der Eifeler vor und wird prompt genommen. Das heißt: Ab der Saison 2016/2017 spielt Studentkowski für das A-Jugendteam der Jung-Löwen in der Nachwuchs-Bundesliga, macht dort sein Abitur und wohnt mit 15 anderen Nachwuchsspielern im von der Dietmar-Hopp-Stiftung (SAP-Mitbegründer und Mäzen von Fußball-Bundesligist 1899 Hoffenheim, Anm. d. Red.) fianzierten Handball-Internat des Clubs. "Ich weiß, dass ich in Bitburg einiges zurücklassen werde - meine Familie, meine Freunde - aber ich weiß auch, dass das der absolut richtige Schritt für mich ist. Ich freue mich unglaublich auf diese Zeit."

Zwei Jahre wird der "komplett Angstfreie"- wie er sich selbst bezeichnet - seine Finger, seinen Solarplexus und seinen Kopf nun für die "Jung-Löwen" in der Bundesliga hinhalten - und was kommt dann? "Natürlich ist es mein Traum, später in der Bundesliga zu spielen, aber man muss realistisch sein - warten wir es doch einfach mal ab", sagt der 17-Jährige nüchtern, wie ein ganz normaler Eifeler eben.