Trierer Miezen: Nach 25 Jahren immer noch Gänsehaut

Die Aufstiegsmannschaft der Miezen aus der Saison 1993/1994 mit Trainer Wolfgang Rommel (links) und Co-Trainer Stefan Premm. Foto: TV/Archiv Wolfgang Rommel

 

 

 

TRIER Am 7. Mai 1994 feierten die Trierer Handball-Miezen mit über 200 mitgereisten Fans in Haspe den Aufstieg in die zweite Bundesliga.

 

 „Wie lange ist das her? Sind wir alt geworden!“ Pia Fusenig konnte es kaum glauben. Vor 25 Jahren, genauer gesagt am 7. Mai 1994, feierte die damals 21-Jährige aus Trier-Zewen ihren ersten Aufstieg mit den Handball-Miezen, aus der damals zweigeteilten Regionalliga in die 2. Bundesliga. Als Süd-Meister der Regionalliga West mit 17 Siegen aus 18 Spielen und nach zwei Halbfinal-Erfolgen gegen den TV Stemmer hatte sich die MJC für das Finale gegen den Hasper SV aus Hagen qualifiziert. Das Heimspiel vor 600 Fans auf dem Wolfsberg gewann Trier mit 23:20, im Rückspiel am 7. Mai hieß es am Ende 18:15 für Trier. Pia Fusenig blieb der letzte Regionalliga-Treffer der Miezen-Vereinsgeschichte vergönnt.

„Da war eine unglaubliche Atmosphäre in der Halle, zwei Busse mit rund 200 Trierer Fans waren nach Hagen gefahren, wir haben unglaublich gefeiert. Dieser Aufstieg war noch viel emotionaler als sechs Jahre später der Aufstieg in die 1. Liga“, sagt Fusenig heute und bekennt: „Ich war so was von nervös vor dem Spiel.“

Zweimal waren die Miezen unter Trainer Wolfgang Rommel 1990 und 1991 in der Aufstiegsrelegation gescheitert, 1994 gelang dem Team um Christiane Pinnel, Kerstin Braun, Marit Suchantke oder den Rumäninnen Gaby Foca und Valentina Lupascu der Sprung in die 2. Liga. Im Tor stand damals die Wittlicherin Marion Bremer, die insgesamt sechs Jahre für die MJC spielte. „Das war ein unglaubliches Erlebnis“, sagt sie. Wie Pia Fusenig hat die Angestellte der Stadt Wittlich noch heute das Video des Aufstiegsspiels im heimischen Regal stehen. Nach zwei Zweitliga-Jahren beendet Bremer ihre Karriere in Trier 1996.

Eine andere blieb länger und schrieb Handballgeschichte: Anja Gläsener ist die einzige deutsche Handballerin, die mit dem gleichen Club aus der Regionalliga bis in die erste Liga aufstieg und dann sogar Deutsche Meisterin wurde. 2003 nach dem Titel und dem verlorenen Pokalfinale gegen Frankfurt/Oder war dann Schluss. „Wir sind nach dem Zweitliga-Aufstieg damals mit den Fans in die Kneipe Inflagranti gefahren, Günni, der Besitzer, hat extra für uns geöffnet, und es gab Gulaschsuppe“, erinnert sich die Saarländerin an jenen 7. Mai 1994, als sei es gestern gewesen.

Wie alle damals Beteiligten lobt sie den „gigantischen Zusammenhalt“ von Fans und Mannschaft und gibt zu: „Wenn ich an das Spiel in Haspe denke, bekomme ich heute noch Gänsehaut.“

Noch heute kämen viele Miezen-Anhänger von damals in die Praxis der Osteopathin und Physiotherapeutin in Trier, um über die „gute, alte Zeit“ zu sprechen. „Es war alles kleiner und familiärer als später, deswegen war der Aufstieg in die 1. Liga im Jahr 2000 auch etwas anderes, da hatten wir ja schon einige Profis in der Mannschaft“, sagt Gläsener. Die erste „bezahlte“ Spielerin war Elena Vereschako, die heutige Miezen-Trainerin. „Unser Trainer ließ die Mannschaft abstimmen, ob wir einen Profi im Team wollten“, sagt Gläsener. Gemeinsam mit Pinnel, Fusenig, Suchantke und Rommel bildete sie das Quintett, das an beiden Miezen-Aufstiegen beteiligt war. Während sich die anderen vier 2001 verabschiedeten, spielte sie bis 2003 weiter. „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich auch noch zwei Jahren drangehangen, dann wäre ich Deutsche Meisterin“, sagt Fusenig, die heute als Erzieherin beim Palais e.V. arbeitet.

Und der Trainer? Nachdem Wolfgang Rommel 2001 bei der Miezen nach zwölf Jahren aufhörte, stand erst einmal der Job als Kommunikationschef der Milch-Union Hocheifel und später dem Arla-Konzern im Vordergrund, inklusive Umzug in die Nähe von Düsseldorf. Heute ist Rommel freiberuflicher Berater für Unternehmenskommunikation, lebt in Tönisvorst und trainiert die aufstrebende weibliche B-Jugend des Drittligisten TV Aldekerk.

„Das war damals alles sehr nervenaufreibend, denn obwohl wir eigentlich Meister waren, mussten wir in die Aufstiegsspiele. Aber ich denke, mit diesem Aufstieg haben wir nicht nur eine Miezen-Euphorie ausgelöst, sondern auch den Grundstein für alle späteren Erfolge gelegt“, meint Rommel, dessen Bruder Martin später viele Jahre lang Manager der Miezen war. Schon 1994 erreichten die Miezen als Drittligist das Achtelfinale des DHB-Pokals, scheiterten erst gegen Bundesligist Buxtehude.

„Alles war sehr familiär, die Spielerinnen und die Fans standen noch lange nach den Spielen zusammen in der Wolfsberghalle. Weil fast alle Spielerinnen aus der Region kamen, hatte jede so etwas wie ihren eigenen Fanclub dabei. So hatten wir immer eine tolle Kulisse, und unsere Fans haben uns überallhin begleitet, die Mannschaft wurde fast schon vergöttert“, sagt Rommel: „Der Aufstieg selbst war so emotional, weil alles so knapp war.“ Zwar führte die MJC im Rückspiel schnell 10:5, hatte also virtuell acht Tore Vorsprung, aber Haspe kam nach der Pause wieder auf ein Tor heran, ehe Christiane Pinnel (heute Rommel) das entscheidende Tor gelang.

Dass die Miezen exakt 25 Jahre später im Insolvenzverfahren stecken und in die 3. Liga (zwangs)-absteigen müssen, bedrückt alle. Von 2000 bis 2015 waren die Miezen erstklassig, dazu kamen erst sechs und dann weitere vier Jahre 2. Liga. „Das ist alles sehr bitter“, sagt Pia Fusenig, die sich gemeinsam mit Gläsener und anderen alten Weggefährtinnen im Herbst 2018 bei einem Miezen-Spiel traf, auch um ihre frühere Mitspielerin Vereschako zu unterstützen. „Es hat sich leider in den vergangenen Jahren abgezeichnet“, meint auch Gläsener.